Das Künstlerische ist für mich sehr individuell. Alle KünstlerInnen sind es, die Kunstgattungen sind es – diese Vielschichtigkeit ist großartig. Die Zeit der Programme und Manifeste ist meiner Meinung nach längst vorbei. Die jetzige Moderne ist ein Aufbrechen in alle Richtungen, keine „–ismen“ mehr. Daher sag ich auch nicht, die KünstlerInnen haben diese und jene Verantwortung, sie müssen so oder so in der Gesellschaft agieren. Schöpferisches Tun hat viele Nuancen und das ist gut so. Es ist eine Notwendigkeit in der Kunst, da ist sie frei, vielschichtig, ohne Zwänge, ohne Einschränkungen.
Ich will aktive Gestaltung am Lebensraum Erde. Eine Einstellung, wo alles den Bach runtergeht, ist manchmal lustig, aber grundsätzlich ist mir das einfach zu wenig. Ich will unter anderem auch schöne Kunst schaffen, weil ich will, dass Schönheit mich morgen ansieht. Filme und Fotos und Literatur von Gewalt gibt es bereits genug und die Medien verbreiten jeden Tag so unglaublich viel Negativität, wenn sich das vermaterialisieren würde, wir würden doch alle ersticken.
Ich will eine schöpferische Ästhetik und ich will künstlerisch Spiritualität schaffen, weil ich denke, es gibt viel zu wenig davon. Der Großteil des so genannten Spirituellen ist eine Vertechnisierung des Geistigen, weil die Neigung da ist, alles zu vertechnisieren. Dann lässt es sich so schön am Smartphone hin- und herwischen.
In meiner Malerei ist die Sehnsucht, etwas zu schaffen, das zeitlos ist. Eine Suche nach dem Dahinter. Der Drang, die Ewigkeit zu berühren. Farben haben Spiritualität, also könnte es damit auch die Möglichkeit geben, die Ewigkeit zu berühren. Vielleicht ist es aber auch nur eine Idee.
Das Künstlerische ist in ständiger Gefahr, instrumentalisiert zu werden. Ganz offensichtlich ist es in totalitären Regimes, da muss Kunst den Tyrannen sofort dienlich sein, weil sie gefürchtet wird in ihrer Kraft. Gerade weil sie im Geistigen schafft, wird sie so gern instrumentalisiert. Von Kunst kann realiter Gefahr ausgehen, fürchten diese negativen Systeme.
Schöpferisches kann Systeme aufweichen. In demokratischen Gesellschaften sollte sich die Politik ein Übungsfeld des Menschlichen schaffen, indem sie lernt, wie sie sich nicht ins Kunstgeschehen einzumischen hat. Das würde andere Zusammenhänge in der Gesellschaft schaffen. Es setzt Toleranz voraus.
In der Kunst ist Freiheit, sie benötigt diese, um schöpferisches Leben hervorzubringen. Politik soll sich darum kümmern, dass das Leben zwischen den Menschen gut geregelt ist und die Wirtschaft, dass die Menschen Arbeit haben und an gemeinsamen Aufgaben arbeiten. Das sind die Ideale. Warum dann territoriale Einmischungen?
Um Menschlichkeit im besten Sinn sollte es gehen. Das Ideal einer sozialen Kunst ist ein Sinnbild für die jetzige Moderne. Das ist auch eine spannende Aufgabe für Künstler, Impulse zu schaffen für soziales Handeln in Wirtschaft und Politik. Aber es ist die individuelle Entscheidung der KünstlerInnen, mit welchen Themen sie sich beschäftigen.
Kunstschaffen hat sich in unglaublichem Tempo individualisiert. Eine Beurteilung des Kunstschaffens kann keine Allgemeingültigkeit haben, sie muss sich mit beweglichen, nicht im voraus zu definierenden Begriffen auseinandersetzen, um dieser Individualisierung gerecht werden zu können. Das sind ungeahnte Möglichkeiten des Dialogs zwischen Kunstwerk, Schöpfer und Betrachter.